Präsentation Broschüre, Podiumsdiskussion und Networking-Dinner

Freie Berufe 4.0 – Herausforderungen des digitalen Fortschrittes für die Freien Berufe

Nach langer Zeit konnte am 23.5.2022 wieder eine Präsenzveranstaltung in großer Runde mit Vertretern aller Kammern der Freien Berufe im Palais Eschenbach zur Präsentation der Broschüre #Think-Act-Work-Digital, einer Podiumsdiskussion mit versierten Podiumsästen  sowie einem Networking-Dinner abgehalten werden.

(v.l.n.r.) Dr. Karl Forstner, Mag. Herbert Houf, Dr. Alma Steger, Baurat h.c. DI Rudolf Kolbe, MMag. Maria Thierrichter, Dr. Hatto Käfer, Mag. pharm. Ulrike Mursch-Edlmayer sowie Moderation Anita Reinsperger-Müllebner

BUKO-Präsident Baurat h.c. DI Rudolf KOLBE betonte in seiner Eröffnungs-Keynote, dass die Freien Berufe auch schon vor der Corona-Pandemie viele Bereiche unbürokratisch mit neuen Ansätzen und Technologien ausgeführt haben, aber natürlich die Pandemie einen Digitalisierungsschub bzw. Veränderungen der Arbeitswelten- und weisen mit sich brachte. Grundtenor seiner Rede war, dass man bei aller Fortschrittlichkeit nicht auf die hohen ethischen Standards, einer durchgängigen digitalen Vertrauensbasis sowie der effektiven Datensicherheit vergessen dürfe.

Direkt zum Thema Freie Berufe 4.0 führte Präsident DI Rudolf Kolbe aus, dass auf Basis der gleichnamigen EWSA-Stellungnahme, die Berufsbilder der freien Berufe eine solide Grundlage für notwendige Anpassungen an die digitale Welt erhalten, ohne dabei die eigenen Prinzipien und vor allem den „human in comannd-Grundsatz“ außen vor zu lassen. KI-Tools müssten genauso wie die fachliche Expertise und Unabhängigkeit der Berufsstände den Anforderungen an den Bedürfnissen der Menschen, transparenter Nachvollziehbarkeit und Haftungsrechtlichkeit entsprechen.

Bereits beim Europäischen Tag der Freien Berufe 2022 forderte Präsident DI Rudolf Kolbe die Stärkung der Position der freien Berufsstände aufgrund ihrer Leistungen für die Zivilgesellschaft ein und erneuerte den Anspruch, als unverzichtbarer Sozialpartner betrachtet und in wesentliche Entscheidungen eingebunden zu werden.

Seitens der Vertretung der EU-Kommission in Österreich skizzierte Dr. Hatto KÄFER den Digitalen Kompass 2030 mit den Vorhaben und digitalen Zielen der EU-Institutionen zur Förderung der Entwicklung von Unternehmen, Behörden und der Bevölkerung.

Die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Mag. Pharm. Dr. Ulrike MURSCH-EDLMAYR, sprach von Weitblick und Innovationskraft als Rezept für die Zukunft sowie den zahlreichen Strategiemaßnahmen und der Einsetzung einer eigenen IT-Abteilung als Service für alle Apotheker:innen. Mit der Innovation des Apotheken-Roboters in der Logistik könne zudem qualifiziertes Personal für die Kundenberatung und -betreuung freigespielt werden. Insgesamt standen die e-Medikation, das e-Rezept und der elektronische Impfpass im Zentrum der Digititalisierungsaktivitäten.

Mag. Herbert HOUF, der Präsident der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen, sprach von den Veränderungen bei den Berufsbildern in den Kanzleien – einerseits durch Homeoffice, aber auch durch automatisierte Routinen beim Einsatz von KI-Tools. Hier wurde vor allem der Bedarf an fachlichen und technischen Ausbildungsinhalten für die Angehörigen der Freien Berufe selbst und deren Mitarbeiter bis hin zum Lebenslangen Lernen aufgezeigt. Ziel müsse es sein, eine gute Balance zwischen Technik, fachlicher Expertise, Transparenz, Verantwortung und Vertrauen zu schaffen.

Für die Notare stand das Thema Beratung im Mittelpunkt. Hier führte Frau MMag. Maria THIERRICHTER seitens der Österreichischen Notariatskammer aus, wie schnell es möglich war, notarielle Dienstleistungen in Form von Videokonferenzen durchzuführen und notwendige Unterschriften in Form von digitalen Signaturen zu bewerkstelligen. Ein großer Teil der Regelungen sei nun ins Dauerrecht übergegangen und so könne man auch mit dem Thema Nachhaltigkeit – etwa in Einsparung von Emissionen bei Wegfall von unnötigen Reisen – punkten. Unbestritten bleibe man aber direkter Ansprechpartner sowie Gatekeeper gegen Geldwäsche und Sozialbetrug.

Auch bei den Rechtsanwälten wird Legal Tech zur Effizienzsteigerung eingesetzt. Dr. Alma STEGER sprach in Ihrer Funktion als Leiterin des Arbeitskreises IT und Digitalisierung der Rechtsanwaltskammer von der digitalen Kommunikation mit den Gerichten, der digitalen Aktenführung sowie juristischen Recherchen. Beim elektronischen Rechtsverkehr sowie den kanzlei-internen Workflows werde konsequent Wert auf absolute Datensicherheit und Vertraulichkeit gelegt.

Für den Präsidenten der Patentanwaltskammer Dr. Daniel ALGE war es ein großes Anliegen, die Wichtigkeit der Patenantwält:innen als Schnittstelle zu Innovation und Entwicklung sowie den Sinn eines effizienten gewerblichen Rechtsschutzes aufzuzeigen.

Corona und die Pandemie hatten für die Ärzteschaft massive Auswirkungen. Dr. Karl FORSTNER, der Präsident der Salzburger Ärztekammer, sprach ebenfalls den Wandel der Berufsbilder an, wobei er hier aber darauf verwies, dass Ärzt:innen ständig mit dem technischen Fortschritt in der Diagnostik, bei Behandlungsmethoden sowie einer konstanten Weiterbildung konfrontiert wären.

Der Präsident der Österreichischen Zahnärztekammer, OMR DDr. Hannes GRUBER, relativierte den Digitalisierungsschub auf die Neuerungen im organisatorischen Bereich der Ordinationen – Terminvereinbarungen, digitale Patientenakten oder verbesserte Ordinationssoftware. Die Zahnmedizin sei von Grund auf schon sehr technikaffin und Grenzen zwischen Zahnmedizin und Zahntechnik verschwänden immer mehr, wie man am Beispiel der Chairside-Versorgungen (Wegfall des Zwischenschrittes Provisorium) sehen könne.

Dem Präsidenten der Österreichischen Tierärztekammer, Mag. Kurt FRÜHWIRTH, war es wichtig zu betonen, dass man bei aller Digitalisierungsnotwendigkeit bzw. Fortschrittlichkeit darauf achten müsse, dass niemand – egal ob Angehörige der Freien Berufe, Mitarbeiter oder sogar der Nachwuchs auf der Strecke bleibe. Unabdingbar für ihn sei die verpflichtende Verankerung der digitalen Kompetenzen in den Ausbildungskatalog.

Einhellig wurde am Ende der Diskussionsrunde festgestellt, wie modern, umsetzungsstark und digital die Freien Berufsstände arbeiten und dennoch nicht auf die wesentlichen Grundsätze – und hier vor allem auf das Vertrauensprinzip – vergessen, aber es aufgrund der Unverzichtbarkeit der Leistungen für die Zivilgesellschaft umso mehr eine Stärkung der Position zu einem echten Sozialpartner braucht.

Hier geht es zu unserer Broschüre im E-Paper-Format

Berichterstattung der Österreichischen Tierärztekammer