Wir Freien Berufe gestalten direkt den Wandel mit, denn wir haben die Visionen, Skills und die Möglichkeiten für übergreifende Kompetenzen und diese müssen wir auch in Zukunft – angesichts multipler Krisen auch verstärkter nutzen!

Präsident Rudolf Kolbe eröffnete in seiner Einstiegskeynote den Europäischen Tag der Freien Berufe (Day of Liberal Profession, LIBDAY) am 2. Mai 2023 mit einem Ausblick auf die zwei wichtigsten Bereiche der Zukunft und deren Einfluss auf unsere Tätigkeitsbereiche haben:  

Der Green Deal hat für die Freien Berufe nicht nur im Bereich der baulichen Maßnahmen (Gebäudesanierung, Renovierungswelle, Landnutzungsregelung, Umweltrecht neu) große Bedeutung, sondern der Klimawandel und die Maßnahmen dagegen betreffen alle freiberuflichen Berufsstände, denn es geht hier auch um rechtliche, finanzielle Beratung und gesundheitliche Unterstützung.

Skills braucht man in allen Bereichen und werden in Zeiten der Digitalisierung immer wichtiger. Wir selbst und unsere Mitarbeiter:innen müssen laufend am Ball bleiben, um das Wissen und die Kompetenzen ständig zu erweitern, um so allen geforderten Aufgaben gerecht zu werden.

Die Keynote-Speakerin Maina Elvira Calderone (italienische Sozial- und Arbeitsministerin) betonte die Relevanz der Freien Berufe für die Zivilgesellschaft als Akteure, die das Knowhow und die Softskills für die Zukunft mitbringen. Daher müsse aber auch der Anspruch der Freien Berufe auf den Status als echte Sozialpartner unterstützt werden.

Für den 1. Vizepräsident der EU-Parlaments, Dr. Othmar Karas, war es ebenfalls eindeutig, dass die Zivilgesellschaft die Freien Berufe und ihre Besonderheiten (Freiheit, Unabhängigkeit, aber auch Vertrauen und Sicherheit) braucht und daher auch die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.

Prof Ralf Niebergall, Vice President of the Federal Chamber of German Architects, bestätigte uns Freien Berufe in seiner Rede zum ThemaThe climate challenges: Why the professions need to act”, dass  wir nicht nur die Vermittler zu den Bürger:innen sind, sondern auch das komplexe Wissen und ehrgeizige Pläne bzw. Programme für den tatsächlichen Wandel haben. So kann man mit dem New European Bauhaus (NEB) für Nachhaltigkeit, Schönheit und Inklusion sorgen, um gemeinsam mit der Industrie und/oder KI-Simulationen an erneuerbaren bzw. wiederverwertbaren Baumaterialien und Bauteilen (Kreislaufwirtschaf) bzw. an Konzepten einer nachhaltigen Wasserwirtschaft für ein gesundes Mikroklima zu arbeiten.

Das Tagungsprogramm erstreckte sich über folgende 4 Panels:

Liberal professions fit für 55 – mit der Verdeutlichung, warum die KMU, KKMU und die Freiberufler:innen mit ihrem unternehmerischen und persönlichen Geist gerade CO2-schonend im ländlichen Raum  die Keyplayer und Gamechanger sind und auch im Bereich der körperlichen/geistigen Gesundheit sowie der Pflege der Dreh- und Angelpunkt sind.

Beim 2. Themenbereich „The New European Bauhaus und wooden constructions“ wurden nicht nur die Praxis-Programme in bildreichen Grundzügen vorgestellt, sondern auch die Visionen für die Zukunft präsentiert. Beide Initiativen beschränken sich nicht nur auf die baulichen Ideen, sondern zukünftig wird es immer mehr um Expertisen, Zugängen zu Vergaben, Finanzierungsen und Qualitätsstandards, Anwendung von Digitalisierung und KI und das Wissen um den Schutz von Urheberrechten (interdisziplinäre Zusammenarbeit) gehen und damit auch darum, dass man sich täglich neu erfinden und den neuen geforderten Skills stellen muss.

Im Panel 3 „Improving skills in order to improve our future“ ging es um die Bereiche Aus-/Fort-/Weiterbildung gegen den schon jetzt vorherrschenden Fachkräftemangel sowie das Nachfolger-/Nachwuchsproblem. An Lösungsvorschlägen zur Steigerung der Attraktivität der Freien Berufe für die Berufswahl wurden neben der verstärkten Ausbildung auf Kammerebene, die Modernisierung der universitären Lehrinhalte, aber auch die Möglichkeit der gegenseitigen Anerkennung von Qualifikationen präsentiert. Dazu wurde auch das noch in Planung befindliche Modell des „First-Step-Programms“ vorgestellt, wo man ERASMUS+ mit nationalen Bildungsmaßnahmen- und Möglichkeiten kombiniert.

Das 4. Panel „Transition tools and how to work with them“ befasste man sich mit der EU-Taxonomie (Neuausrichtung der Kapitalströme zu nachhaltigeren Investitionen) und den damit einhergehenden Nachhaltigkeitsberichten, aber auch den möglichen Tools, die bereits jetzt zur Verfügung stehen. Der zweite Schwerpunkt zielte mit einem „confusing image“ auf die Vielfalt der Ausbildungsmöglichkeiten (EU-Skills-Agenda), aber auch auf die notwendigen Skills hinsichtlich Initiativen, Kompetenzrahmen für den Arbeitsmarkt, Bildungspakete für lebenslanges Lernen ab. Her wird man aus dem Überangebot maßgeschneiderte Modelle für sich bzw. die einzelnen Berufsstände finden müssen.

Präsident Kolbe fasst in seinen Schlussstatement die Inputs der Vortragenden aus Politik, Krankenpflege, Vermessung, Architektur, Organisationen und Verbände der Freien Berufe sowie der EU-Kommission zusammen:

  • Die Welt befindet sich in einem Krisenmodus: Daher ist es unabdingbar, die unverzichtbaren Besonderheiten der Freien Berufe zu erhalten und sie mit der Schaffung von besseren Rahmenbedingen (ua. Sozialpartnerschaft) zu stärken.
  • Freie Berufe müssen dort helfen können/dürfen, wo sie eindeutige Fachkompetenzen haben und sind somit in Dialoge einzubeziehen, aber auch inhaltlich/finanziell zu unterstützen.
  • KMU, KKMU und Freie Berufe sind unbestritten wichtig für die Wirtschaft und Arbeitswelt – vor allem im ländlichen Raum. Es droht aber im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung bzw. deren Nichterfüllung aufgrund der Einhaltung von Berufspflichten (Vertrauensgrundsatz) ein mögliches Ausscheiden aus der Versorgungs-/Wertschöpfungskette. Hier werden wir uns noch intensiv mit dieser Problematik der Schaffung eines für uns angepassten Regelwerks beschäftigen müssen.
  • Freie Berufe wesentlich tragen zur Erhaltung der Umwelt sowie der Gesundheit bei. Wenn sich dabei eine Berufsgruppe ein besonders Ziel setzt oder bessere Berufsregeln braucht, dann müssen wir alle gemeinsam (interdisziplinär) die Basis dafür schaffen.
  • Für die Umsetzung des Green Deals mit NEB und Wooden Constructions braucht man aber auch  ein neues Vergaberecht zu den besten und nicht zu den billigsten Preisen.
  • Den Fachkräftemangel gibt es überall in Europa und in allen Berufsständen. Es gilt daher, die Lücken wieder mit Aus-/Fort-/Weiterbildung aber auch mit harmonisiertem Wissen aufzufüllen! Das Planungsmodell „First-Step-Programm (ERAMUS+ und nationale Programme) wird gerade für die Freien Berufe sehr interessant werden, da man dieses relativ leicht in die kammerbasierten Ausbildungsschienen implementieren kann.
  • Die EU-Taxonomie ist nicht unbedingt nur eine Regulierung, sondern man sollte auch den Nutzen aus den Elementen der Toolbox ziehen.
  • Ein „confusing Image“ über die EU-Skills Agenda beschreibt das „right to train“, indem man zur Schließung von Wissenslücken oder zum Erreichen spezieller Skills seinen bestimmten Ausbildungsmix finden und viele Maßnahmen/Anforderungen miteinander vereinbaren muss.

Die Freien Berufen haben große Chancen, den Wandel direkt mitzugestalten. Wir tragen Verantwortung, haben ein wertvolles Erbe und unsere Wurzeln gehen weit zurück. Wir stehen für Wissenschaft und Technik und können die Rahmenbedingungen mitmodernisieren. Der Markt für die Freien Berufe ist groß und muss bedient werden. Dafür müssen wir unsere Skills ausbauen und da gilt es vor allem bei den Verbänden, Prioritäten zu setzen und Themen vertiefend aufzubereiten. Gute Ausbildung reicht nicht mehr aus, sondern wir brauchen übergreifende Kompetenzen.

Weitere Informationen finden Sie hier:

Link zum Programm und der Übersicht der Speaker

Zusammenfassung und Kernaussagen zu den einzelnen Programmpunkten

Präsentation zu den Punkten: