Mit Exzellenz und den notwendigen Kompetenzen als Experten in der Planung, bei der Gesundheit, beim Recht und der Beratung sowie den finanziellen Angelegenheiten – alleine und interdisziplinär noch viel mehr – werden wir uns Gehör verschaffen und auf die Politik einwirken.

Der mittlerweile 8. Tag der Freien Berufe befasste sich in 3 Panels mit dem grundlegenden Thema Blue Deal, dem Wasser selbst und den damit verbundenen Themen Klimawandel, steigender Bevölkerung, Wasserknappheit und die damit einhergehende Armut, aber vor allem auch um die dringlichen Maßnahmen und Vorschläge, die im Rahmen der EWSA-Stellungnahme zum Blue Deal entwickelt wurden.

Als Sprecher der Freien Berufe im EWSA verwies Baurat h.c. DI Rudolf Kolbe in seinem Eröffnungsstatement auf die verschiedensten Bereiche, in denen dabei die Freien Berufe direkt in die Umsetzung der Blue Deal-Ziele involviert sind: „Die Freien Berufe haben nicht nur im ziviltechnischen Bereich umfangreiches Knowhow, sondern auch in den Bereichen der Biotechnologie, der medizinischen Versorgung sowie der rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Mit dieser Expertise sind die Freien Berufe ein unverzichtbarer Bestandteil zur ganzheitlichen Umsetzung des Blue Deals.“ Die Veranstaltung diente dazu, dieses Ineinandergreifen aufzuzeigen und sichtbarer zu machen, wie die Freien Berufe beim Projekt Blue Deal mit der fairen Wasserbewirtschaftung involviert sind.

Keynote Speaker Baurat DI Klaus Thürriedl (Präsident des ECEC, Vizepräsident der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen) stellte das Konzept einer Water-smart society vor, um dahingehend zu sensibilisieren, wie wichtig, aber auch gefährlich Wasser selbst sein kann und die Freien Berufe als Gamechanger für die wichtigsten Dinge im Leben als verlässliche und kompetente Partner nach Maßgabe von Berufung und Freiheit von Dritten, entscheidungsfreudig schon jetzt für einen erfolgreichen Blue Deal arbeiten.

Pietro Franceso De Lotto, (EWSA, Industrie) der Initiator des Blue Deals, sprach in seinem Vortrag davon, dass man in den Regelwerken meist nur auf die Wasserqualität, nicht aber auf die Wassereffizienz bzw. Verfügbarkeit eingeht. Dabei merkte er an, dass der Themenbereich Wasser eigentlich vom Green Deal entkoppelt werden sollte, um alleinstehend effektivere Maßnahmen wirken zu lassen. Investitionskapital im großen Ausmaß (zB Blue Decisions Funds – EU, nationale und öffentliche Gelder) wäre nicht nur für Forschung, Innovationen, Inverkehrbringung von sauberen Technologien, sondern auch für die Ausbildung entsprechender Arbeitskräfte sowie grundsätzlich zur Information der Bevölkerung und Wasserverbraucher/Wasserverschwender notwendig.

Für Jan Semenza (ECDC) standen Wasserverschmutzung und schlechte Qualität im engen Zusammenhang mit dem Klimawandel. Die Rekord-Hitzewellen wirken sich auf den Wasserkreislauf und somit auf die Gesundheit aus. In Überschwemmungsgebieten sind die Krankheitserreger Ratten, Mücken oder Moskitos Auslöser für massive Krankheitsausbrüche. Es braucht daher die Einbindung der öffentlichen Gesundheit zur Überwachung, Information und Beratung bereits im Vorfeld bzw. später zur Erforschung, sowie vor allem das Fachwissen der Freien Berufe – allen voran den Ziviltechniker:innen und Ärzt:innen.

Aniko Szalai (International Law at the University of Szeged) sprach über den Blue Deal und die rechtlichen Maßnahmen und Sorgfaltspflichten, den Umweltschutz, das Verursacherprinzip, das Vorsorgeprinzip sowie die rechtlichen Veränderungen für Unternehmen – vor allem grundsätzlich über die Menschenrechte, wo explizit niedergeschrieben wurde, dass Wasser und Zugang zu Wasser wesentliche Rechte sind. Daher wurden in den Jahren 2000 – 2015 wasserbezogene Ziele (MDGs) und ab 2015 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bis 2030 definiert (Ziel 6 für sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen, das Ziel 11 für das nachhaltige Wirtschaften von Städten und Gemeinden und das Ziel 12 fokussiert sich auf die Wirtschaft mit nachhaltigem Konsum und Produktion) und damit den verantwortungsvollen Umgang mit den Wasserressourcen.

Christian Berretta (UNESCO Ostafrika) stellte konkret zwei Projekte in Afrika vor, um die Problemfelder Ernährungssicherheit (Überfischung Lake Turkana) und Wasser zur Energiegewinnung (Wasserstoffproduktion) aufzuzeigen. In beiden Fällen wären ausreichend Grundwasser und Grundlagen vorhanden, aber es würde an Daten, Wissen (Bildung) und Infrastruktur fehlen.

Beim Vortrag von Prof. Josef Baumüller (TU Wien) ging es um die Verflechtung von Politik (Vorgaben), Banken (Finanzierung) und den unternehmerischen sowie privaten Sektor (Umsetzung). Studien zeigen, dass sich nur einer von fünf Unternehmen der Wasserrisiken bewusst ist, nur vier Prozent bereits effektive Maßnahmen gesetzt haben und nur vierzehn Prozent haben Interesse an Anreizsystemen (immerhin mit 3,5 Milliarden Euro für Projekte). Berichterstattungen im Rahmen CSRD, TAX, CS3D werden bei Finanzierungsmöglichkeiten, von hoher Relevanz werden. Hier sollte man die positiven Aspekte (bessere Auswirkungen auf die Wasserbilanz – Zugang, Verbrauch, Abfluss, etc.) als Chance sehen und zeitgerecht dafür sorgen, dass es zu keinen Bestrafungen für beispielswiese Wasserverschmutzung, zu hoher Verbrauch, etc. kommt.

Sue Arundale (Director General of the European Federation of Engineering Consultancy Associations) zeigte anhand von Beispielen auf, wie man gemeinsame Lebensräume für Menschen und Natur schaffen könnte. Grüne Infrastruktur, neue Wege der Wasseraufbereitung oder Verwendung von recyceltem Baumaterial wären nur einige der Möglichkeiten der Zukunft. Dabei müssten insgesamt die Freie Berufen nicht nur auf Ziviltechniker:innen-Ebene viel mehr zusammenarbeiten, sondern auch mit den Expertisen der anderen Berufsstände – rechtlich, gesundheitlich, buchhalterisch. KI sei wichtig, dürfe aber nicht zum alleinigen künftigen Partner werden.

Das Projekt „Blue Surveying“ aus dem Jahr 2022 wurde von Enrico Rispoli (Vizepräsident der italienischen Ziviltechniker:innen) vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein Konzept, um Wasser in Zukunft zu schützen, nachhaltigeres Leben zu ermöglichen bzw. den Auswirkungen des Klimawandels entgegenzuwirken. Somit wurde Bewusstsein für eine Vielzahl von wichtigen Aussagen und Anforderungen rund um die Arbeit des eigenen Berufsstandes, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und natürlich über das Leben auf der Erde und das Wasser geschaffen. Dabei sollten künftig keine keine belasteten Bauwerke entstehen bzw. es ist auf den Bodenverbrauch zu achten. Es müsse weiters mehr Wert auf Grund- und Ausbildung gelegt werden – und das neben den Umweltzielen selbst – auf globaler Ebene.

Der italienische Rechtsanwalt Luca de Pauli sprach sich dafür aus, dass der Blue Deal mehr Akzeptanz finden und instrumentalisiert werden müsste. Entscheidungen sollten partizipativer sein und Behörden müssten auch mehr Interesse dafür aufbringen, dass Wasser für alle da ist und es auch von allen gebraucht werde.

Horst Lenz (Präsident der Ziviltechniker:innen-Kammer von Rheinland-Pfalz) plädierte nicht nur auf lückenlose Datenerhebungen rund um das Wasser, Aktions- und Bewirtschaftungspläne, sondern auch für die Einbeziehung von NGOs und der Zivilgesellschaft. Diese Interdisziplinäre Zusammenarbeit sprach auch Emese Szabo aus Ungarn an, die ein Programm zur Sicherung der Ernährungssicherheit seit den 60iger Jahren vorstellte.

Seitens der spanischen Freien Berufe sprachen Victoria Ortega und Elena Cordoba Azcarate vom gesellschaftlichen Gut Wasser und der Kompetenz und Exzellenz der Freien Berufe beim Blue Deal – multidisziplinäres Wissen und Spezialisierung, gutes Ausbildungssystem sowie die grundsätzlichen Werte und Ethik. Dabei wurde die Frage aufgegriffen, ob sich die neuen beruflichen Kompetenzen der Freien Berufe am Arbeitsmarkt oder an uns selbst orientieren sollten. Ein weiterer Schwerpunkt waren die Investitionen in (Grund)Bildung und Ausbildung sowie die künftigen Änderungen unserer Grundkompetenzen und den Bedarf an mehr analytischem Denken, verstärkte Anwendung von KI, höheres Ausmaß an Rechtsvorschriften und Berichterstattungen, Förderung von kreativen (Um)Denken und Innovationen sowie insgesamt mehr SDG-Ausbildungen. Dazu gehören neue Wege der Kommunikation, Kooperation, Arbeiten in multidisziplinären Teams mit Ökologen, Soziologen und Psychologe – also mit Querschnittskompetenzen.

ZUSAMMENFASSUNG:

Pflicht, auf die Politik einzuwirken: Wir leben in verschiedenen politischen Welten und müssen daher mit allen politischen Vertretern zusammenarbeiten, stärkere Lösungen einfordern oder sogar selbst präsentieren. Dazu bedarf es mehr mehr Gehör für uns, aber auch insgesamt für die ganze Zivilgesellschaft. Bei echtem Dialog werden Problemfelder auch verstanden und auch Maßnahmen dagegen eingeleitet. Wir dürfen daher nichts unversucht lassen, um Einfluss auszuüben – auch wenn es nicht immer einfach ist.

Konkrete Ideen und Maßnahmen vorbringen: Beim Klimawandel oder anderen multiplen Krisen nimmt man Wissenschaftler ernst. Auch wir haben etwas zu sagen, daher müssen wir uns proaktiv melden und konkrete Lösungen vorbringen. Gerade beim Blue Deal kann interdisziplinäre Zusammenarbeit viel bewirken. Wir sind die Experten in der Planung, bei der Gesundheit, beim Recht und der Beratung sowie den finanziellen Angelegenheiten. Wenn es die Politik nicht tut, dann liegt es an uns, die Zivilbevölkerung zu sensibilisieren und zu organisieren.

Wir geben selbst die neuen freiberuflichen Kompetenzen vor: Nachdem auch unsere Kompetenzen einem Wandel unterliegen, müssen wir an uns selbst arbeiten und uns nicht nur an den Markt anpassen, sondern auch analytischer und kreativer denken. Wir müssen zukunftsfit werden und bleiben. Das erreichen wir durch den Einsatz von „trainierter KI“, besseren Aus- und Weiterbildungen, verstärkter Kommunikation sowie Vernetzung mit inter(multi)disziplinären Zusammenarbeit.

Schwerpunkt (Aus)Bildung: Der Zugang zu Bildung ist ein Schlüsselfaktor und es bedarf bereits Unterstützung und Förderung in den Schulen. Unsere Freien Berufe zeichnen sich durch akademische Bildung aus. Die universitäre Ausbildung liegt in unserem eigenen Interesse – auch die Präsentation unserer Berufsstände als Unternehmer und Arbeitgeber direkt bei an den Universitäten, um die Nachwuchsprobleme in den Griff zu bekommen. Die eigene Fortbildung darf ebenfalls nicht vernachlässigt werden und bedarf regelmäßiger Nachjustierung. Die Errichtung von Bildungsclustern wäre eine geeignete Maßnahme bzw. die von den Kammern vorgeschriebenen Fortbildungsverordnungen sind zu überarbeiten.

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