BUKO Symposium „Erfolgreich arbeiten in einem Freien Beruf“

Am 18.5.2017 fand im Wiener Juridicum eine lebhafte Diskussion über die Zukunft der Freien Berufe statt.

Freie Berufe und die Freiheit
„Freie Berufe sind frei. Nicht frei, dass sie viel Freizeit haben, sondern frei in ihrer geistigen Haltung“. So beginnt der Hausherr des Wiener Juridicums, Vizedekan Dr. Friedrich Rüffler, seine Begrüßung zum Symposium der Bundeskonferenz der Freien Berufe Österreichs (BUKO) am 18.5.2017.

Gesellschaftspolitisch besonders wichtig findet der Vorstand des Instituts für Unternehmensrecht die freiheitsstiftende Wirkung der Freien Berufe.
„Stellen Sie sich vor, der Staat würde das entscheiden! Es gibt viele Länder, die sich wünschen, sie wären so frei wie wir in Österreich.“ sagt der Vizedekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien.

Das Leben in einem Freien Beruf / Die Vielfalt der Freien Berufe

Die Ärztin in Niederösterreich
Dr. Katharina Mayer arbeitet seit 10 Jahren als praktische Ärztin, als klassische Hausärztin in Mautern an der Donau in Niederösterreich.

„Meine Aufgaben umfassen beraten, behandeln, Therapieentscheidungen treffen – und das beim Kleinkind bis hin zum pflegebedürftigen älteren Menschen.“
Die Aufgaben sind umfangreich und die Patientenzahl in ihrer Kassenpraxis ist hoch.
Was sich die Hausärztin wünscht? Katharina Mayer sagt ganz klar:
„Als Vertrauensärztin meiner Patienten und Patientinnen wünsche mir leistungsadäquate Tarife und die Freiheit, mein Arbeitspensum je nach persönlichen Lebensumständen jederzeit mit KollegInnen teilen zu können.“

Die Steuerberaterin im Burgenland
MMag. Margit Michlits ist Steuerberaterin in Bruckneudorf im Burgenland.
„Der Beruf und unternehmerisches Denken liegen bei mir in der Familie.“ sagt Michlits. Die Steuerberaterin erzählt, dass sie mit ihrem Beruf für ihre Mandanten Vertrauensperson ist.

„Wir kennen unsere Mandanten, die Mandanten kennen uns und kommen mit ihren Anliegen oft über Jahre hinweg zum selben Steuerberater oder zur selben Steuerberaterin.“
Was sich die Steuerberaterin wünscht?
„Weniger Bürokratie und mehr Verständnis für Unternehmer.“

Der Rechtsanwalt in Wien
Mag. Georg Brandstetter ist Rechtsanwalt in Wien. Auch bei ihm liegt die Berufswahl in der Familie: „Schon mein Großvater war Rechtsanwalt. Aber eigentlich wollte ich als Bub ja Lokführer werden, und dann KFZ-Mechaniker.“

Was Rechtsanwälte in ihrem Beruf genau machen, darauf ist Georg Brandstetter in der Vorlesung „Römisches Recht“, zu Beginn des Studiums gestoßen. „Das waren die ersten Fälle, das hat mich wirklich interessiert. Wobei es meistens darum ging, dass ein Sklave in Rom etwas angestellt hat.“
„Was ich verdiene? Da kommt die klassische Antwort: Das hängt davon ab! Aber nur des Geldes wegen sollte man nicht Rechtsanwalt werden.“
Und den Studierenden gibt Rechtsanwalt Brandstetter den Tipp: „Wenn Sie Spaß am Beraten haben und viele Gestaltungsmöglichkeiten haben wollen, ist Rechtsanwalt der richtige Beruf.“
Mit einem Augenzwinkern meint Brandstetter dann noch: „Eine verschlossene Auster sollte man als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin nicht sein.“
Die Ziviltechnikerin in Oberösterreich
„Ich liebe es, Verantwortung zu übernehmen.“ stellt die Ziviltechnikerin Dipl. Ing. Cora Stöger gleich zu Beginn ihres Statements fest.

Mit 28 Jahren hat sich Cora Stöger mit ihrem Vermessungsbüro in Oberösterreich selbstständig gemacht. Das Büro ist langsam gewachsen, erzählt Stöger, und umfasst jetzt zwei Standorte: Linz und Pregarten.
„Ich liebe meinen Beruf; kein Tag ist wie der andere!“ schwärmt Stöger.
Was sich die Ziviltechnikerin wünscht: „Dass die Menschen erkennen, dass der Billigstbieter nicht der Bestbieter sein muss.“

Die Apothekerin in Wien
Mag. Christina Kletter ist seit 2004 Apothekerin und setzt damit die Familientradition fort. Die Apotheke „Auges Gottes“ im 9. Wiener Gemeindebezirk ist seit mehr als 100 Jahren im Besitz ihrer Familie.

Die Apothekerin ist sehr an der Forschung interessiert; Kletter hat nach ihrem Studium in Österreich noch eine Ausbildung für Klinische Pharmazie in Schottland absolviert.
Zusätzlich arbeitet Christina Kletter als Konsiliarapothekerin für eine Privatklinik und erzeugt auch selbst Arzneimittel.
Das Motto der vielseitigen Apothekerin: „Es ist nicht immer leicht, man muss sich etwas trauen!“
Die Zukunft der Freien Berufe

Der Nachwuchs
Die Meinungsforscherin Kristin Allwinger von Akonsult präsentiert beim Symposium die großangelegte Meinungsumfrage unter den Studierenden der Fächer der Freien Berufe.
Allwinger meint: „Die Ergebnisse überraschen im positiven Sinne. 80 Prozent der Studierenden wollen sich selbstständig machen. Jeder zweite kann sich vorstellen, am Land zu arbeiten. Die Zukunft der Freien Berufe scheint mir gesichert!“

BUKO warnt
Der Präsident der Bundeskonferenz der Freien Berufe, Mag. Kurt Frühwirth, warnt vor Plänen der Europäischen Union, Interdisziplinäre Gesellschaften zuzulassen. Dann könnten sich große Konsortien, Fonds, Versicherungen an den Freien Berufen beteiligen, derzeit ist das nicht möglich.
„Wir wollen weiterhin die Vielfalt der Freien Berufe! Es soll auch in Zukunft möglich sein, dass sich die Menschen den Arzt ihres Vertrauens, die Tierärztin selbst aussuchen können. Die Menschen lehnen es ab, zig Kilometer zum nächsten Versorgungszentrum fahren zu müssen.“ sagt BUKO-Präsident Kurt Frühwirth.
An die österreichische Politik appelliert Frühwirth: „Was wir brauchen, ist eine Entbürokratisierung. Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass es auch für junge Menschen attraktiv ist, sich selbstständig zu machen!“

Unabhängigkeit muss bleiben
Der Vizepräsident der Bundeskammer der ZiviltechnikerInnen, Dipl.Ing. Rudolf Kolbe, sagt: „Wir wollen keine Beteiligungen von Großkonzernen, die uns dann unsere Arbeit diktieren. Die Unabhängigkeit der Freien Berufe muss bleiben!“
Kolbe weist auf die sogenannte Asymmetrie der Freien Berufe hin. „Die Kunden können unsere Arbeit, zum Beispiel als Vermessungstechniker, nicht genau einschätzen. Sie müssen sich auf uns verlassen können. Und das können sie.“

EU-Pläne
Mag. Marc Fähndrich, Wirtschaftsexperte der EU-Kommissionsvertretung in Österreich, sieht in den Interdisziplinären Gesellschaften eine Chance. Eine Chance für junge Menschen, mit einer Teilzeitbeschäftigung auch Zeit für ihre Familie zu haben.
„Die kleinen Einheiten der Freien Berufe werden trotzdem überleben; die Kunden können es sich ja aussuchen, zu wem sie gehen.“

„Keine Mc Donaldisierung“
Das sehen die Vertreter der Freien Berufe bei der Podiumsdiskussion anders:
„Die Großen schlucken die Kleinen, das sind keine fairen Chancen für die Kleinen. “, sagt BUKO-Präsident Frühwirth.
Der Pressesprecher der Österreichischen Ärztekammer, Michael Heinrich, warnt: „Wir wollen keine McDonaldisierung der Freien Berufe!“

Kontakt mit Brüssel
EU-Kommissionsvertreter Marc Fähndrich meint zum Ende des BUKO-Symposiums am 18.5.2017 im Wiener Juridicum, er nehme die Bedenken der Freien Berufe mit und werde sie auch bei seinen regelmäßigen Besuchen in Brüssel zur Sprache bringen.